Andere neue Therapien
Die meisten halbwertszeitverlängerten Faktor VIII-Präparate müssen bislang mehrmals wöchentlich gespritzt werden. Ein Ziel in der Forschung ist die weitere Verlängerung der Halbwertszeit für Faktorpräparate. Ein anderer Ansatz ist die positive Beeinflussung des Gerinngungsgleichgewichts, z.B. durch die Senkung der Produktion von Antithrombin.
Neue Faktorpräparate
Derzeit wird ein neuer Wirkstoff, Efanesoctocog alfa, in klinischen Studien getestet, der dies vielleicht ändern könnte. Dieser Wirkstoff ist relativ komplex aufgebaut und enthält neben einem Faktor VIII-Molekül noch Teile des von-Willebrand-Faktors, Teile von Antikörpern und zwei Polypeptide, die als XTEN bezeichnet werden. Der so veränderte Faktor VIII hat eine im Vergleich zum natürlichen Faktor VIII etwa vierfach verlängerte Halbwertszeit, was ausreichen könnte, um eine Prophylaxe mit einer wöchentlichen Injektion zu ermöglichen.Verminderte Gerinnungshemmung als Therapieansatz
Es gibt nun Ansätze einen Mangel an Gerinnungsfaktoren dadurch zu kompensieren, dass man die natürlichen Gegenspieler der Gerinnung hemmt, um so das Gleichgewicht aus gerinnungsfördernden und gerinnungshemmenden Faktoren wieder herzustellen:
Neue subkutane Therapie zur Verminderung des Antithrombins
Der Wirkstoff Fitusiran, der derzeit in klinischen Studien am Menschen getestet wird, verbessert nicht die Blutgerinnung, sondern vermindert gezielt Produktion des Gerinnungshemmstoff Antithrombin. Dieser Ansatz erlaubt prinzipiell die Anwendung sowohl bei Hämophilie A wie auch Hämophilie B. Fitusiran besteht im Grunde aus einem kurzen Stück RNA (Ribonukleinsäure). RNA ist quasi die „Arbeitskopie“ der Erbinformation, der DNA. Im Falle von Fitusiran ist dieses RNA-Stück so konstruiert, dass sie wie ein Schlüssel zum Schloss zur RNA-Arbeitskopie von Antihrombin passt (man sagt sie ist komplementär). Durch diese Bindung wird die Antithrombin-Arbeitskopie nicht mehr in ein Eiweiß übersetzt, der Antihrombinspiegel sinkt. Um diese Wirkung zu erreichen muss Fitusiran in die Zelle gelangen. Dies wird dadurch erreicht, dass man es in Lipid-Nanopartikel verpackt und subkutan verabreicht
Neue subkutane Therapie blockiert einen Gerinnungshemmstoff
Auch das ebenfalls in klinischen Studien derzeit untersuchte Concizumab verbessert die Blutgerinnung, indem es einen Stoff blockiert, der die Gerinnungfaktoren hemmt. Anders als bei Fitusiran handelt es sich dabei jedoch nicht um Antithrombin, sondern um den körpereigenen „Tissue Factor Pathway Inhibitor“ oder kurz TFPI. Dieser körpereigene Gerinnungshemmstoff wird von Concizumabdirekt blockiert. Auch hier ist der Effekt, dass die vorhandenen Gerinnungsfaktoren in ihrer Wirkung nicht mehr gehemmt werden und auch bei geringen Faktor-Restkonzentrationen noch eine Blutstillung zustande kommen kann. Concizumab könnte sowohl bei Hämophilie A als auch B eine klinische Wirksamkeit zeigen und diese könnte unabhängig vom Hemmkörperstatus sein.