Therapie der Hämophilie

Halbwertzeit­verlängerte Faktoren­präparate

Seit einiger Zeit gibt es Präparate mit einer verlängerten Halbwertszeit. Sie werden auch als Extended-Half-Life- oder EHL-Faktorenkonzentrate bezeichnet, was das Gleiche auf Englisch bedeutet.

Sie werden alle mit Hilfe modifizierter Zellen (rekombinant) hergestellt und eignen sich sowohl zur Prophylaxe als auch zur Akuttherapie. Bei der Prophylaxe besteht ihr Vorteil darin, dass sie seltener gespritzt werden müssen als die herkömmlichen Faktorenkonzentrate.

Wie und warum wird die Halbwertszeit verlängert?

Auch bei völlig gesunden Menschen werden Gerinnungsfaktoren normalerweise vom Körper ständig abgebaut und durch neue ersetzt. Das Gleiche geschieht mit Gerinnungsfaktoren, die von außen zugeführt werden. Die Folge ist, dass die Blutspiegel nach einer Injektion rasch wieder abfallen, was bei der prophylaktischen Anwendung bedeutet, dass teilweise mehrmals pro Woche gespritzt werden muss, um einen ausreichenden Wirkspiegel aufrecht zu erhalten. Um die Halbwertszeit zu verlängern und damit die Injektionshäufigkeit zu vermindern, werden rekombinante Gerinnungsfaktoren gezielt so verändert, dass ihr Abbau im Körper sich verlangsamt ist, ihre Wirkung aber nicht vermindert wird. Dafür gibt es mehrere Methoden: 
  • Man kann sie entweder mit einem natürlichen Protein koppeln, das sie schützt. 
  • Man kann sie an künstliche Stoffe koppeln, die der Körper nur langsam abbauen kann.
  • Man kann den Aufbau der Faktoren so verändern, dass sie langsamer abgebaut werden.

Solche Verlängerungen der Halbwertszeit von Arzneimittel-Molekülen sind nichts Neues. Sie haben sich in anderen Indikationen schon seit Jahrzehnten bewährt. In unserem Körper existiert eine Vielzahl von Eiweißen, deren Aufgabe es ist, den Abbau von anderen Stoffen zu verlangsamen. Ein Beispiel dafür ist der von-Willebrand-Faktor. Er hat vielfältige Funktionen bei der Blutstillung. Eine seiner Aufgaben besteht darin, den Abbau von Faktor VIII zu verlangsamen. 

Besondere Aspekte bei halbwertszeit­verlängerten Präparaten

Bislang haben sich die Faktorenkonzentrate mit verlängerter Halbwertszeit als gut wirksam und verträglich erwiesen. Beschränkungen gibt es bei einigen der halbwertszeitverlängerten Präparate u.a. hinsichtlich des Lebensalters, ab dem sie eingesetzt werden dürfen. Eine Herausforderung kann bisweilen die Therapieüberwachung darstellen, da für einige der Präparate spezielle Tests zur Bestimmung der Menge des Gerinnungsfaktors notwendig sind.

Blutspiegel und Injektionshäufigkeit

Blutspiegel und Injektionshäufigkeit bei normalen und halbwertzeitverlängerten Faktorkonzentraten: Bei Faktorenkonzentraten mit verlängerter Halbwertszeit sind weniger Injektionen nötig (vereinfachte Darstellung).

 

Halbwertzeitverlängerte Faktorkonzentrate
Nach einer Halbwertszeit ist nur noch die Hälfte des Wirkstoffs vorhanden
Nach einer Halbwertszeit ist nur noch die Hälfte des Wirkstoffs vorhanden

Was bedeutet Halbwertzeit?

Alle Medikamente, aber auch viele köpereigene Substanzen wie z.B. Hormone werden vom Körper entweder chemisch umgebaut oder ausgeschieden. Unter Halbwertzeit versteht man die Zeit, die es braucht, bis nur noch die Hälfte der ursprünglichen Menge einer Substanz vorhanden ist. Wenn ein Medikament eine Halbwertszeit von 6 Stunden hat und man einmalig 100 mg davon spritzt, sind nach 6 Stunden noch 50 mg im Körper, nach 12 Stunden noch 25 mg, nach 18 Stunden noch 12,5 mg und nach 24 Stunden noch 6,25 mg vorhanden. 

Auswirkung der verlängerten Halbwertzeit

Die Halbwertszeit von Faktor IX ist mit 20 bis 24 Stunden übrigens länger als die von Faktor VIII mit 8 bis 12 Stunden, weshalb sich Patienten mit Hämophilie B bei der prophylaktischen Therapie in der Regel seltener spritzen müssen als Patienten mit Hämophilie A. Allerdings kann die Halbwertszeit von Patienten zu Patient sehr variieren, weshalb die Dosis und die Spritzabstände individuell angepasst werden müssen. 

 

Aus der Forschung

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Rat & Hilfe

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